Skip to main content

Die Bibel, der Christ und die Gewaltenteilung


Download: Skript

Die Bibel, der Christ und die Gewaltenteilung

Das Prinzip der Gewaltenteilung wird gerne auf den Aufklärer Montesquieu (18. Jh.) zurückgeführt. Genau genommen handelt es sich aber um ein biblisches Prinzip, das bereits im Alten Israel umgesetzt wurde. Ersichtlich wird dies daran, dass die Gewaltenteilung hauptsächlich in Ländern mit christlichem Erbe anzutreffen ist. Schon Calvin (16. Jh.) erarbeitete nach biblischem Vorbild für die Stadt Genf ein System mit sich gegenseitig ergänzenden und kontrollierenden Organen. Von dort gelangte der Gedanke in die frühen englischen Kolonien in Übersee und schliesslich in die amerikanische Verfassung von 1788 mit ihren «Checks and Balances» (= Überprüfung und Ausgleich).

Die wichtigste biblische Einschränkung der Macht ist die Verpflichtung des Herrschers auf Gottes Wort (5Mo 17,19-20a): Und sie [= eine Abschrift des Gesetzes] soll bei ihm [= dem König] sein, und er soll alle Tage seines Lebens darin lesen, damit er den Herrn, seinen Gott, fürchten lernt, […] damit sein Herz sich nicht über seine Brüder erhebt und er von dem Gebot weder zur Rechten noch zur Linken abweicht. Im Unterschied zu den benachbarten Nationen gab es in Israel keine uneingeschränkte Macht. Mit den relativ unabhängigen zwölf Stämmen, der Versammlung der Ältesten und der eher schwachen Zentralregierung wurden die Befugnisse bewusst auf verschiedene Ebenen verteilt. Auch die politische und die geistliche Führung – Mose und Aaron – wurden klar voneinander getrennt. In der Königszeit mussten der König (Stamm Ju- da) und der Hohepriester (Stamm Levi) aus zwei verschiedenen Familien stammen, damit die Macht nicht missbraucht werden konnte. Als sich Saul (1Sam 13,9-11a) und Usija (2Chr 26,16-21) als Könige anmassten, Opfer darzubringen, wurden sie von Gott bestraft (2Chr 26,18): Nicht dir, Usija, steht es zu, dem Herrn Rauchopfer darzubringen, sondern den Priestern, den Söhnen Aarons, die geheiligt sind, Rauchopfer darzubringen! Als weitere Instanzen kamen die Propheten als unabhängige Boten Gottes und die für die Rechtsprechung zuständigen Richter (vgl. 2Mo 18,21-22) hinzu.

Was ist der Grund für dieses biblische Prinzip der geteilten Gewalt? Gottes Wort macht keinen Hehl daraus, dass alle Menschen böse sind und deshalb zum Machtmissbrauch neigen! Darum muss verhindert werden, dass ein einzelner Mensch zu viel Einfluss bekommt. Wir sehen das bei Paulus, der bei der Geldsammlung für Jerusalem dafür sorgt (2Kor 8,16-24), dass das Projekt von mehreren Personen betreut wird (V. 21): Denn wir sind auf das Rechte bedacht, nicht allein vor dem Herrn, sondern auch vor den Menschen. Gerade für finanzielle Fragen ist das Vier-Augen-Prinzip von zentraler Bedeutung. So ist die Gewaltenteilung aufgrund unserer Anfälligkeit auch für die Gemeinde grundlegend, die nicht von einem, sondern von mehreren Ältesten geleitet wird, denen die Gemeindeversammlung gegenübersteht (vgl. Apg 1,15; 6,2-3). Nicht mehr notwendig sein wird die Gewaltenteilung erst, wenn Jesus wiederkommt, der das Amt des Königs und des Priesters – angekündigt in der symbolischen Krönung des Hohenpriesters Jeschua (vgl. Sach 6,9-15) – in sich vereint. Er wird seine Macht nicht missbrauchen!