Die Bibel, der Christ und die Zurechtweisung


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Die Bibel, der Christ und die Zurechtweisung

Aufgrund der Praxis vergangener Jahrhunderte wird das Wort „Züchtigung“ von vielen mit körperlichen Strafen verbunden. Die Bedeutung der betreffenden hebräischen Verben jedoch ist weitaus breiter: Es geht um Aspekte wie Unterweisen, Erklären, Fördern, Zurechthelfen, Ermahnen, Verbieten oder Strafen. Im Vordergrund steht also das zurechtweisende Wort. Auch Lob und Anerkennung können erzieherische Mittel sein! Leichte körperliche Strafen schliesst die Bibel nicht aus. Allerdings wird die Rute nur an vier Stellen im Buch der Sprüche erwähnt (Spr 13,24; 22,15; 23,13-14; 29,15). Sie darf nur mit positiver Absicht eingesetzt werden (Spr 13,24): Wer seine Rute schont, hasst seinen Sohn; aber wer ihn lieb hat, züchtigt ihn beizeiten. Ein Recht, im Falle von widerspenstigen Kindern weitergehende Strafen zu verhängen, haben Eltern nicht. Dies steht nur der staatlichen Gerichtsbarkeit zu (vgl. 5Mo 21,18-21).

Die Liebe ist aus biblischer Sicht Grundlage für jede Zurechtweisung. Gott selbst ist uns Vorbild (Spr 3,12, vgl. Ps 94,12; Hebr 12,4-11): Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er wie ein Vater den Sohn, den er gern hat. Während Menschen „nach ihrem Gutdünken“ züchtigen, tut es der Herr „zum Nutzen“ (Hebr 12,10). Jesus sagt (Offb 3,19): Ich überführe und züchtige alle, die ich liebe. Gleichgültigkeit schweigt, übersieht und überlässt sich selbst. Liebe hingegen handelt, hält fest und geht voran (Spr 27,6): Treu gemeint sind die Schläge dessen, der liebt, aber überreichlich die Küsse des Hassers. Gut gemeinte Zurechtweisung braucht Überwindung. Sie schmerzt innerlich (vgl. Hebr 12,11). Die Liebe kommt aber auch darin zum Ausdruck, dass wir eine Strafe begründen und dass wir dem Kind danach – durch Worte oder eine Umarmung – deutlich machen, dass die Strafe unsere Liebe nicht in Frage stellt.

Gott züchtigt sein Volk (Jer 30,11) „mit rechtem Mass“. Als Menschen sind wir auf Gottes Gnade angewiesen, damit wir dieses rechte Mass zwischen Unbarmherzigkeit und Antiautorität finden. Auf der einen Seite besteht die Gefahr, dass wir der Zurechtweisung wie Eli (1Sam 2,12-36) oder David (2Sam 13,21) aus Bequemlichkeit oder falscher Rücksichtnahme ausweichen. Auf der anderen Seite warnt uns die Bibel vor Hartherzigkeit und Gewalt (Spr 19,18): Züchtige deinen Sohn, solange noch Hoffnung da ist; aber lass dich nicht dazu hinreissen ihn zu töten. Kol 3,21 (vgl. Eph 6,4): Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden. Es geht nicht, dass wir aus der Haut fahren und unsere Kinder im Zorn anschreien.

Als Erziehende sind sich Christen bewusst, dass sich schon ein Kind aufgrund der sündhaften menschlichen Natur falsch verhalten kann. Insofern heisst erziehen, dem Bösen Schranken zu setzen. Ziel christlicher Erziehung muss es sein, Kinder in eine gesunde Eigenständigkeit zu führen, die ihren Ausdruck im Gehorsam und in der Abhängigkeit von Gott findet. Der Einsatz lohnt sich, denn (Spr 29,15b): Ein sich selbst überlassener Junge macht seiner Mutter Schande. Eine gute und intensive Erziehung hingegen darf zum Segen werden (Spr 29,17, vgl. Spr 13,18): Züchtige deinen Sohn, so wird er dich erquicken und dir Freude machen.